合氣
Aiki

Ueshiba Morihei hat Aikido auf der Basis der Techniken des Daito-Ryu-Aiki-Jujutsu entwickelt. Aikido hat sich weit verbreitet und stark diversifiziert. Es gibt Aikidoka, die deswegen "zurück zu den Ursprüngen" möchten und Daito-Ryu studieren. Am Beispiel von Chūjō Sensei, der Zenmeister in einem Tempel der Rinzai Sekte in Higashimatsushima ist und auch Daito-Ryu unterrichtet, lassen sich wesentliche Elemente dieses Ryu erkennen.

Garyuzen Dōjō

Das Dojo wurde von einem Team des lokalen Fernsehsenders Miyagi TV besucht. Der junge Reporter Ohba will ausprobieren, wie Daito-Ryu funktioniert.
Eklärungen:
"Das ist wie das Lenkrad eines Autos fassen. Das Lenkrad langsam drehen."
"Wie dem Freund einen Pudding geben. Ihm den Pudding vor die Nase halten."
"Den inneren Kern (自分の中心) verfeinern, nicht die technischen Fähigkeiten (技)."
無我の境地 muga no kyōchi - Selbstlosigkeit
無意識 muishiki - Unbewusstsein
自然体 shizentai - natürliche Haltung/Bewegung

Zazen in der Bewegung

Von der Webseite von Chūjō Sensei:
Daito-ryu Aikijujutsu ist eine Kampfkunst (武術), die keine körperliche Kraft oder Muskelkraft erfordert und auf maximale Wirkung bei minimalen Körperbewegungen abzielt. Sie dient zur Selbstverteidigung (護身) mit Hilfe von natürlichen und mühelosen Körperbewegungen und "sanften Aiki-Techniken".
Es waren Selbstverteidigungstechniken, die nur an hochrangige Samurai des Aizu-Clans weitergegeben wurden. Bis zur Meiji-Zeit war es eine Kampfkunst, die nicht öffentlich zugänglich war. Der Allgemeinheit wurde sie durch Herrn Sokaku Takeda (geboren in Aizu) bekannt. Herr Chūjō lernte diese Kampfkunst vor 15 Jahren kennen und wurde ein Dojoleiter.

「斬らない斬られない。」
Ich schneide nicht, ich werde nicht geschnitten.
「殴らない殴られない。」
Ich schlage nicht, ich werde nicht geschlagen.
「蹴らない蹴られない。」
Ich trete nicht, ich werde nicht getreten.

Sensei Horikawa Yukimichi, ein älterer Schüler von Sensei Takeda Sokaku, beschreibt die Kampfkünste auf diese Weise. Im Gegensatz zu Wettkampfsportarten geht es nicht darum, den Gegner zu besiegen, sondern um die Verbesserung der eigenen Spiritualität (自己の精神性). Dies ist die ideale, friedliche Philosophie der Kampfkünste. Als jemand, der sich auf das Unterrichten von Zazen spezialisiert hat, habe ich herausgefunden, dass die Freiheit in dieser Kampfkunst dem Zustand der Erleuchtung im Zen sehr nahe kommt. Die Techniken des Daito-ryu Aikijujutsu können als "Zazen in der Bewegung" (動く坐禅) beschrieben werden.
Der Reiz dieser Kampfkunst liegt darin, dass jeder sie erlernen kann, unabhängig von Alter und Geschlecht. Unsere derzeitigen Schüler reichen von Kindergartenkindern bis hin zu älteren Schülern. Obwohl ich mittleren Alters bin, körperlich wenig beweglich und schwach bin, konnte ich es ohne grosse Schwierigkeiten lernen. Es ist eine der wenigen Kampfkünste, die ein Leben lang ausgeübt werden können.
Diese Kampfkunst ist eine energiesparende Kampfkunst, die auf maximale Wirkung bei minimaler Körperbewegung abzielt und daher von jedem erlernt werden kann. Körperliche Stärke spielt keine Rolle und es besteht überhaupt kein Grund, sich anzustrengen. Krafttraining und Laufen sind natürlich auch unnötig. Beim Üben in unserem Dojo werden Sie erkennen, dass das Geheimnis der Kampfkunst in den entspannten Bewegungen des Alltags liegt. Wenn Sie weiter üben, werden Sie immer mehr von dieser Kampfkunst fasziniert werden.

Aiki und Aikido

Bei einem Austauschtraining mit Aikidoka aus Saitama erklärt Chūjō Sensei wie Tenchinage im Daito-Ryu ausgeführt wird.

Die drei Stufen des Daito Ryu

Shoden, Chuden und Okuden.
(Nach einem Artikel von aikijoseph)
Eine dreistufige Ausbildungsstufe ist in vielen authentischen japanischen Künsten üblich. Beim Shodo (japanische Kalligrafie) beispielsweise beginnen die Praktizierenden mit dem Üben der Pinselschrift auf der Kaisho-Stufe. Die Schrift auf dieser Stufe zeichnet sich durch starke, klare und präzise Striche aus. Dann gehen sie zu Gyosho über, bei dem die Pinselführung flüssiger wird, da die Praktizierenden beginnen zu verstehen, wie die Zeichen in der japanischen Schrift funktionieren und zusammenpassen. Schliesslich erreichen Kalligrafen auf Meisterniveau nach vielen Jahren der Übung die Stufe Sousho, bei der ihre Lebensenergie in ihre Arbeit einfliesst.

Traditionell durchläuft man im Daito-Ryu drei Stufen. Die erste ist Shoden, auf der die Praktizierenden Jujutsu lernen. Dazu gehören kraftvolle Hebelwürfe, Bodenarbeit und Schläge (bekannt als Atemi), die denen anderer Schulen des japanischen Jujutsu nicht unähnlich sind.

Nach einer Trainingsphase von bis zu zehn Jahren erreichen die Praktizierenden Chuden und werden in Aiki-Jujutsu eingeführt. Auf dieser Stufe werden Jujutsu-Techniken mit Aiki ausgeführt, statt mit normaler Muskelkraft. Die Techniken werden kleiner und können daher in beengten Umgebungen ausgeführt werden. Aiki-Jujutsu-Techniken blockieren oder werfen den Gegner, indem dessen Gelenke kurzzeitig mit Aiki angegriffen werden. Aiki ist ein tiefgründiges Konzept, für das es keine Übersetzung gibt. Es beinhaltet Elemente der Atmung, des Timings, der Reflexe, der Psychologie und der Körperbewegung.

Schliesslich können weit Fortgeschrittene die Stufe Okuden erreichen. Sie lernen die Techniken, die als Aiki no Jutsu bekannt sind. Die auf der Chuden Stufe erlernten inneren Praktiken sind derart internalisiert, dass der Praktizierende sich äusserlich kaum bewegt. Innerlich jedoch verwendet er Absicht, Atmung und Verbindung, um sich zu organisieren, um mit der einwirkenden Kraft umzugehen und einheitliche, verdichtete Energie zu erzeugen. Der Gegner ist im Moment des Kontakts aus dem Gleichgewicht, wird blockiert, geworfen oder sogar fixiert, verkrampft oder zusammengedrückt, oft bevor er überhaupt bemerkt, was passiert ist.
Auf der Ebene von Aiki no Jutsu fliessen die scharfen Aiki-Techniken, die zum Angriff auf Gelenke auf Chuden-Ebene verwendet werden, in den gesamten Körper des Gegners. Der sensible Gegner greift an, fühlt sich aber plötzlich, als ob irgendwo in ihm eine enorme Kraft auftaucht, die sich manchmal wie ein grosses Gewicht anfühlt, manchmal wie ein Windstoss und manchmal wie eine Explosion, die sich tief in seinem Körper abspielt. Wenn ein Anfänger einer Aiki no Jutsu-Technik ausgsetzt wird, fällt er oft oder verliert seine Kraft, ohne zu verstehen, was mit ihm passiert ist.

Daito Ryu hat sich speziell für den Aizu-Samurai-Clan in Nordjapan entwickelt. Für hochrangige Mitglieder der Aizu war es die Selbstverteidigungskunst für formelle Situationen in geschlossenen Räumen. Diese Situationen erfordern minimale Bewegung und einen ruhigen, gelassenen Geist, gleichmässige Atmung und eine hochentwickelte und ausgeprägte Kontrolle des eigenen Körpers und Geistes.

Doppel Kurzstock

Beherrschung des Angreifers mit Aiki.
Die Bewegungen des Lehrers sind sehr ruhig und klar. Er kontrolliert auch mit wenig oder sogar ohne direkten körperlichen Kontakt.


Kommentar

Offensichtlich gibt es im Aikido viele Aspekte, die schon im Daito-Ryu-Aikijujutsu existierten und in diesem hier präsentierten Zweig auch heute noch praktiziert werden. Während das Ki, welches Nakamura und Tohei lehrten, zunächst zur Stärkung der einzelnen Praktizierenden gedacht war, bezieht sich das Aiki des Daito-Ryu auf die Interaktion zwischen Angreifer und Verteidiger.
Wie aikijoseph schreibt, ist für Aiki eine Verbindung zwischen Uke und Nage notwendig, der Gegner muss eine Verbindung mit Nage herstellen wollen. "Der Gegner muss sensibel sein". Wenn ein realer Angreifer z.B. unter Drogen steht oder psychisch gestört ist, wird diese Art der Verteidigung nicht unbedingt funktionieren.
Ein weiterer Aspekt ist die Art, wie ein Angreifer behandelt wird. Er "wird blockiert, geworfen oder sogar fixiert, verkrampft oder zusammengedrückt, oft bevor er überhaupt bemerkt, was passiert ist." Im Aikido sieht man dies schon aus Gründen der Ästhetik und der Harmonie nicht gerne.
Interessant ist die Aussage von Chūjō Sensei, dass die Freiheit, die man beim Ausführen der Techniken spürt, dem Zustand der Erleuchtung im Zen sehr nahe kommt. Diese Erfahrung ist im Aikido schwieriger zu erreichen, da es in den Techniken viel mehr Bewegung gibt.
Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass die Bewegungen im Aikido zwar teilweise langatmig und umständlich erscheinen mögen. Wenn man aber ständig nur die oben gezeigten kleinen effektiven Bewegungen übt und wenn Uke auf diese dominante Art behandelt wird, möchte man gerne auch grössere Bewegungen ausführen, auch wenn sie weniger direkt und effektiv sein mögen.