Waffen

im Ki Aikido

weapons or not

Vor kurzem las ich auf zwei Ausschreibungen zu Aikidoseminaren die Worte "Waffentraining" bzw. "Gebrauch der Waffen". Angesichts der aktuellen heissen Diskussionen wegen der Waffenlieferungen in Kriegsgebiete kam mir der Gedanke, ob es gut ist, Bokken, Jo und Tanto, wie sie im Aikido benutzt werden, als Waffen zu bezeichnen.
Ausserdem kam mir eine Episode in den Sinn, die sich an einer innereuropäischen Grenze vor dem Inkrafttreten des Schengen-Abkommens abgespielt hat.

flyers

Am Zoll

Ein Auto mit Aikidoka auf dem Weg zu einem Aikido Seminar in Süddeutschland.

Zoll: Haben Sie etwas zu verzollen?
Autofahrer: Nein.
Zoll: Haben Sie sonst etwas anzumelden?
Autofahrer: Hm, ja. Wir haben Aikidowaffen im Kofferraum.
Der Zoll öffnet den Kofferraum, schaut nach und ist erstaunt.

Waffengesetz

Das deutsche Waffengesetz handelt hauptsächlich von Schusswaffen, definiert diese und regelt deren Gebrauch.
In der Anlage zu den "Allgemeinen Verwaltungsvorschriften zum Waffengesetz (WaffVwV) vom 5. März 2012" gibt es einen Abschnitt, der Bokken, Jo und Tanto betreffen könnte:
Anlage 1 Abschnitt 1 Unterabschnitt 2 Nummer 1.1
Hieb- und Stoßwaffen sind Geräte, die ihrem Wesen nach objektiv dazu bestimmt sind, unter unmittelbarer Ausnutzung der Muskelkraft durch Hieb, Stoß, Stich, Schlag oder Wurf (z.B. Wurfstern, Speer) Gesundheitsbeschädigungen oder Körperverletzungen beizubringen. ...
Keine Hieb- und Stoßwaffen sind solche Geräte, die zwar Hieb- und Stoßwaffen (...) nachgebildet, aber wegen abgestumpfter Spitzen und stumpfer Schneiden offensichtlich nur für den Sport (z.B. Sportflorette, Sportdegen, hingegen nicht geschliffene Mensurschläger), zur Brauchtumspflege (z.B. historisch nachgebildete Degen, Lanzen) oder als Dekorationsgegenstand (z.B. Zierdegen, Dekorationsschwerter) geeignet sind.

Diese Definition bezieht sich offensichtlich auf metallene Objekte. Da Bokken, Jo und Tanto aus Holz gefertigt sind, sind sie erst recht keine Waffen im Sinne des Gesetzes.

Yoshigasaki Sensei schreibt in seinem letzten Buch auf Seite 155:
"Sie müssen die Bedeutung jedes von Ihnen verwendeten Wortes definieren und ausserdem neue Worte oder neue Definitionen kreieren, um Ihre Vorstellungen zu entwickeln. Deshalb haben Sie das Recht, ein von Ihnen verwendetes Wort zu definieren und ein neues Wort zu erstellen."
Folgt man dieser Argumentation, dann dürften Aikidoka ihre hölzernen Übungsgeräte gerne als Waffen bezeichnen, müssten aber gleichzeitig erklären, was sie unter "Waffe" überhaupt verstehen. Die Benutzung des Begriffs kann jedenfalls zu Missverständnissen führen. Aussenstehende könnten vermuten, dass im Aikido wirklich mit Waffen gearbeitet wird. Weniger wahrscheinlich ist es, dass Aikidoka sich besonders cool finden, wenn sie mit "Waffen" trainieren.

Bokken, Jo und Tanto werden im Aikido aus historischen Gründen geübt. Ein gewisser Praxisbezug zum täglichen Leben findet sich schon im Buch "Aikido mit Ki" von Maruyama und Tohei. Dort heisst es: "Man sollte in der Lage sein, in jeder Situation ruhig und gelassen zu bleiben. ... Wir verwenden ein Messer aus Holz. Allerdings sollten wir es stets als richtiges Messer betrachten. Dadurch können wir lernen, immer Ruhe zu bewahren, auch wenn uns jemand mit einem richtigen scharfen Messer angreift."
Heutzutage ist es höchst unwahrscheinlich, dass uns jemand mit einem scharfen Schwert angreift. Die Bokkentechniken können daher nur dazu dienen, noch präziser und gelassener zu agieren. Ein Bokken kann auch zur Verteidigung benutzt werden, wobei ein Aikidoka lediglich auf Arme und Hände eines eventuellen Angreifers zielen dürfte. Ähnliches gilt für den Jo. Zur Abwehr von realen Messerangriffen sind die meisten Aikidoka wohl nicht in der Lage. Man sollte sich da keine falschen Vorstellungen machen. Wie aktuell beim Krieg in der Ukraine zu sehen ist, genügt es auch nicht, eine Situation zu kontrollieren, wenn der Angriff schon geschehen ist. Der Umgang zwischen Menschen und Staaten muss schon vorher so gestaltet werden, dass es überhaupt keinen Grund für einen Angriff geben kann. Das mag wie ein frommer Wunsch klingen, aber im täglichen Leben lässt sich das durchaus realisieren.

In meinen zahlreichen Aikidobüchern habe ich nirgends eine Stelle gefunden, in der von Waffentraining oder dem Gebrauch von Waffen geschrieben wird. Es ist immer nur die Rede von Übungen mit dem Bokken, Jo oder Tanto. Vielleicht ist es doch besser, auf diese irreführenden Bezeichnungen zu verzichten.
B. Boll



Mensur

Gebrauch von scharfen Hiebwaffen zur Entwicklung der Persönlichkeit.

Was ist der Unterschied zum Aikido ?

Auszug aus Wikipedia: Mensur (Studentenverbindung):
Eine Mensur ist ein traditioneller, streng reglementierter Fechtkampf zwischen zwei männlichen Mitgliedern (Paukanten) unterschiedlicher Studentenverbindungen mit geschärften Klingenwaffen. Der Begriff „Mensur“ bezeichnet seit dem 16. Jahrhundert einen festgelegten Abstand der Paukanten zueinander. Mensuren werden von vielen Verbindungen in Deutschland, Österreich, der Schweiz sowie einigen wenigen in Belgien, Polen und im Baltikum gefochten. Die Paukanten sind heute bis auf Teile ihres Kopfes und Gesichts vor Verletzungen weitgehend geschützt. Gegebenenfalls dabei entstehende Wunden und deren Narben heißen Schmisse.
Das Mensurfechten ist weder Sport noch Duell, hat aber mit beiden Formen menschlichen Kräftemessens Gemeinsamkeiten. Wie beim Sport geht es nicht um das Austragen persönlicher Differenzen. Die Mensur kennt keine Gewinner oder Verlierer. Wichtiger als ein Sieg ist die „aufrechte Teilnahme“, das Durchhalten und die Beherrschung von Affekten.
Schlagende, besonders pflichtschlagende Verbindungen betrachten die Mensur als wichtige Hilfe zur Persönlichkeitsbildung. Denn in der Vorbereitung darauf muss der Teilnehmer eine saubere Kampftechnik (das „Pauken“) einüben und dabei Disziplin und Sorgfalt entwickeln. Dabei muss er sich mit einer als bedrohlich empfundenen Situation auseinandersetzen, die eigenen Ängste davor überwinden und ihr gefasst entgegentreten.

Mensur

Mensur oder deutsches akademisches Fechten ist der Grund, warum so viele deutsche Offiziere und die Elite im 19. und 20. Jahrhundert Narben im Gesicht trugen. Diese Narben waren Ehrenzeichen und wurden mit Stolz getragen, wenn auch nicht immer im Gesicht ehrenwerter Männer. Sie waren das Zeichen der Zugehörigkeit zu einer Mensur-Organisation, die normalerweise der Oberschicht und/oder solchen mit einer Universitätsausbildung vorbehalten war, wo ein Student einer Mensur-Bruderschaft oder Korporation beitreten konnte.

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