Aikido & Organisation

2021-04-15

Aikidoverbände

Auf aikido.ch veröffentlicht Valerio Gianascio dankenswerterweise eine Liste aller ihm bekannten Aikidodojos in der Schweiz. Die Dojos sind gruppiert nach ihrer jeweiligen Verbandszugehörigkeit. Offensichtlich gibt es sehr viele Verbände. Die Situation in der Schweiz ist nur ein Beispiel.
Wieso gibt es so viele verschiedene Verbände, Federationen, Gruppierungen im Aikido?
Auf den Seiten der einzelnen Dojos finden sich die Gründe dafür.

  1. Wir folgen einem bestimmten Lehrer.
  2. Wir bewahren die Tradition eines bestimmten Lehrers.
  3. Wir möchten uns nicht binden und machen freies Aikido.

Die Dachorganisationen

dienen hauptsächlich dazu, ein gemeinsames Prüfungsprogramm und ein Graduierungssystem zu pflegen. Im ersten Fall bestimmt der Lehrer über alles. Wenn der Lehrer schon gestorben ist, bilden sich meist Komitees aus den höchsten Dangraden, die die inhaltliche Ausrichtung bestimmen.
Die Durchlässigkeit zwischen den verschiedenen Verbänden ist gering. Wechselt ein Aikidoka seinen Wohnort und findet dann nur Dojos anderer Stilrichtungen in seiner Nähe, wird ihm auf der Matte erst einmal erklärt, was er alles falsch macht.
Viele Organisationen haben sich präzise Regeln für die Ausbildung und Autorisierung von Instruktoren/Lehrern und Prüfern gegeben.
In Deutschland gibt es einen Verband, der sich in die nationale Sportorganisationen eingegliedert hat, der Deutsche Aikidobund. Er hat ca. 5.500 Personen als Mitglieder. Der Fachverband für Aikido AIKIKAI hat ebenfalls um die 5.000 Mitglieder. Die Dojos der KNKI in Deutschland sind nicht in einem eigenen nationalen Verband organisiert und haben zusammen schätzungsweise 500 Mitglieder.
Ein Überblick über die historisch bekanntesten Stilrichtungen bzw. Verbände findet sich auf den Seiten von Stefan Neumann (Dojo Hechingen) hier.

Die Dojos

Die einzelnen Trainingsgruppen (Dojos) sind die Basis für die Praxis des Aikido. Es gibt verschiedene Organisationsformen, z.B. als eingetragener Verein, als private Unternehmung oder als Kursus in einer Volkshochschule. Die Lehrer im lokalen Dojo sichern die Qualität des Aikido, indem sie Lehrgänge bei weiter fortgeschrittenen Aikidoka besuchen.

Shihan

Manche Organisationen strukturieren ihr Lehrsystem dadurch, dass sie Lehrerlizenzen vergeben. In der Ki-Society ist es heute noch so. In der KNKI von Yoshigasaki Sensei gibt es die sogenannten Shihan. Das sind fortgeschrittene Aikidoka, die nicht nur im eigenen Dojo unterrichten, sondern auch von anderen Dojos eingeladen werden, um dort Lehrgänge zu leiten oder Prüfungen abzunehmen. Shihan ist in der KNKI kein Titel, der verliehen wurde, sondern ergibt sich durch die Funktion im Rahmen des Unterrichtens.

Doshu

Im Jahr 2004 verfasste Yoshigasaki Sensei einen Text, in dem er seine Eigenbezeichnung DOSHU erläuterte:
Aikido ist ein Weg (DO, 道). Dieser Weg sollte durch das Üben im Aikido erhalten (gepflegt) werden. Jemand, der der den Weg bewahrt, wird DOSHU (道守) genannt. Es gibt zwei unterschiedliche Bedeutungen von DOSHU. Die erste (mit der Schreibweise 道主) meint den "Herrn des Weges" und die zweite (道守) bedeutet "Bewahrer des Weges".
Der Unterschied besteht darin, dass es nur einen Herrn aber viele Bewahrer geben kann. Der Hauptlehrer eines Aikidoverbandes sollte DOSHU – Bewahrer des Weges – genannt werden. Aber viele Aikidoorganisationen haben in Wirklichkeit keinen solchen DOSHU. Das liegt daran, dass die meisten japanischen Lehrer den Lehren Anderer folgen, insbesondere denen von Morihei Ueshiba, obwohl er schon gestorben ist. Es gibt auch Lehrer, die keinem eigenen Lehrer folgen, aber stattdessen einer anerkannten Philosophie. Diese sind auch keine Bewahrer des Weges.
Ein Lehrer ist DOSHU, wenn er völlig unabhängig von anderen Philosophien oder Lehrern, einschliesslich der schon verstorbenen, unterrichtet.
DOSHU 道守 Yoshigasaki 2004

Zum Verständnis des Textes ist es hilfreich, sich daran zu erinnern, weswegen er geschrieben wurde:
Yoshigasaki Sensei möchte erklären, warum er sich Doshu - Bewahrer des Wegs - nennt.
Die getroffenen Aussagen werfen allerdings auch Fragen auf.
- Benötigt jede Aikidoorganisation einen Hauptlehrer, also einen Doshu?
- Sind Aikidoorganisationen überhaupt erforderlich?
- Dürfen wir keiner etablierten Lehre mehr folgen?
- Dürfen wir der Lehre eines verstorbenen Aikidomeisters nicht mehr folgen?
- Ist nicht jeder von uns ein Doshu, wenn er sich sein eigenes Weltverständis erarbeitet hat und dies auf der Aikidomatte von sich gibt?

Der Messias

Ein Problem, das wir im Aikido nicht haben.
Das Volk will unbedingt einem Messias folgen.
Es hat sich Brian ausgesucht. Dieser findet das aber nicht so gut.
Aus dem "Leben des Brian" von Monthy Python, 1979.